Fachzeitschrift-fuer-podologie-01-2024-header

Mit Telemedizin Amputationen verhindern

Berlin (ddg). Jeder vierte Diabetespatient bekommt im Laufe seines Lebens ein Diabetisches Fußsyndrom (DFS). Häufig werden Anzeichen der Erkrankung zu spät erkannt – dann bleibt Betroffenen unter Umständen nur die Entscheidung zur Amputation. Um Symptome rechtzeitig zu diagnostizieren und die richtige Behandlung einzuleiten, empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) eine Beratung mit DFS-Experten – auch per Telemedizin.

Bei vielen Patientinnen und Patienten ist der Auslöser für ein DFS eine zunächst harmlose Fußverletzung. Da das Immunsystem bei Diabetespatienten bereits geschwächt ist, können sich kleine Verletzungen oder Druckstellen jedoch schnell zu großflächigen Wunden entwickeln, die das Gewebe zerstören. „Meist werden diese Verletzungen zu spät erkannt und unzureichend behandelt“, sagt DDG-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Ralf Lobmann. Das könnte sich dank einer telemedizinischen Vernetzung von Hausärzten mit den Experten der Arbeitsgruppe Diabetischer Fuß der DDG ändern. Lobmann betont: „Die Heilungschancen steigen, wenn zwischen dem Auftreten erster Symptome, der Vorstellung beim Arzt, der Diagnose und schließlich der Behandlung durch einen Spezialisten möglichst wenig Zeit vergeht.“

Facharztkonsil: Mehr Expertise, weniger Wartezeit

An dieser Stelle setzt ein neues Konzept der DDG an: Die Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß und der Bund der Internisten (BDI) haben gemeinsam ein telemedizinisch basiertes Facharztkonsil für den diabetischen Fuß entwickelt. Mithilfe dessen sollen Risikopatienten rechtzeitig identifiziert, der Heilungsverlauf verbessert und verkürzt und Amputationen vermieden werden. „Außerdem überbrückt die Telemedizin Überweisungszeiten oder räumliche Distanzen und bietet so die Möglichkeit, betroffene Patienten möglichst schnell in ein Behandlungsnetzwerk aufzunehmen“, erklärt Lobmann. Auf diesem Wege würde eine adäquate ambulante Therapie oder eine rasche stationäre Behandlung gesichert. Derzeit laufen Gespräche mit verschiedenen Kostenträgern an, damit dieses Konzept möglichst schnell in die Praxis überführt werden kann. „Wir hoffen, dass bald positive Entscheidungen getroffen werden, sodass DFS-Patienten schnellstmöglich davon profitieren“, ergänzt DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer.

Baden-Württemberg: Zweitmeinung binnen 36 Stunden

Aktuell läuft zudem ein zweites Projekt zur telemedizinischen Zweitmeinung in Baden-Württemberg, durch das Landesministerium für Soziales und Integration unterstützt und gefördert. „Über ein Evaluierungssystem lädt der behandelnde Arzt die Daten hoch und ein Experte bewertet diese innerhalb von 36 Stunden. Es sieht vor, dass zeitnah durch einen Experten die Notwendigkeit einer Amputation bestätigt oder eine Alternative aufgezeigt werden kann“, erklärt Lobmann. „Außerdem erhöht es die Entscheidungssicherheit des behandelnden Arztes sowie des Patienten und dessen Angehörigen“. Als Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik 3, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie des Klinikums Stuttgart verantwortet Lobmann dieses Landes-Projekt mit.

Eine Chance (nicht nur) für Dorfbewohner

Für DDG-Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer bietet die Telemedizin darüber hinaus ein großes Potential, um die Unterversorgung von Diabetespatienten im ländlichen Raum auszugleichen: „Aktuell greift die Versorgung besonders gut in Ballungsräumen, wohingegen es auf dem Land nur wenige Diabetologinnen und Diabetologen gibt. Die Telemedizin könnte diese Distanz überbrücken und Versorgungsunterschiede ausgleichen.“ Durch die schnelle und einfache Möglichkeit, per Telemedizin eine zweite Meinung einzuholen, könnten die behandelnden Ärzte weitere Experten aus anderen Regionen zu Rate ziehen und Vermutungen bestätigen. „Auch die Kommunikation zwischen den Ärztinnen und Ärzten wird in diesem Prozess befördert und trägt zu einer anregenden Kultur des Austauschs bei“, befürwortet Kellerer.

Literatur:

Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2019: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Stellungnahmen/Gesundheitspolitik/20181114gesundheitsbericht_2019.pdf

Weitere Beiträge

Podologie-Kongress Leipzig mit Fachausstellung

Podologie-Kongress Leipzig mit Fachausstellung

Das exklusive Ein-Tages-Event für Podologen und Fußpfleger am 4. Mai 2025 In Kooperation mit podo deutschland, LV Sachsen-Anhalt, findet am 4. Mai 2025 der Podologie-Fachkongress in der Kongresshalle am Zoo in Leipzig statt. Das...

mehr lesen
BEAUTY DÜSSELDORF: Impulse und Innovationen

BEAUTY DÜSSELDORF: Impulse und Innovationen

Drei Tage der Innovationen, Networking und Weiterbildung: Bei der BEAUTY DÜSSELDORF 2025 zeigten vom 28. bis 30. März 2025 über 1.200 Aussteller und Marken aus 27 Ländern in Düsseldorf die neuesten Trends und Produkte in den...

mehr lesen
Die Anti-Pilz-Lampe

Die Anti-Pilz-Lampe

Kaltplasma wirkt gegen Nagel-Mykose. Das zeigte Gehwol bei der BEAUTY in Düsseldorf. Mit dem Unternehmen Dr. plajin bietet Gehwol ein intuitives Kaltplasmagerät an. Die Anwendung ist sehr einfach, die Wirtschaftlichkeit hoch....

mehr lesen
Buchtipp des Monats: Marzahn, mon amour

Buchtipp des Monats: Marzahn, mon amour

Es geht um Füße, um Menschen und allzu Menschliches ... Schon gesehen? Marzahn, mon Amour, die sechsteilige Miniserie, ist seit 14. März 2025 in der ARD Mediathek. Absolut lesenswert ist auch der gleichnamige Roman von Katja...

mehr lesen
Veränderungen des Nagels

Veränderungen des Nagels

Neben anlagebedingten Veränderungen können zahlreiche Krankheitsprozesse Nagelwachstumsstörungen verursachen. Dr. Norbert Scholz beschreibt, welche Symptome Zeichen einer Schädigung durch Arzneimittel sind bzw. wie bestimmte...

mehr lesen
Hallux valgus aus medizinischer Sicht

Hallux valgus aus medizinischer Sicht

Wie viele Patienten und Patientinnen haben Sie mit Hallux valgus? Sicher einige. Und einige von denen haben große Schmerzen, bei manchen Menschen tut sogar jeder Schritt weh. Ästhetisch ist die Fußbildung auch nicht eben toll....

mehr lesen