„Der Fuß im Kreuzverhör“ rezensiert

„Der Fuß im Kreuzverhör“ rezensiert

Warum das neue Buch von Willy Jurtin und Dr. Alexander Sikorski das Zeug zum Klassiker hat

Was kommt dabei heraus, wenn ein Orthopädietechnikermeister und ein Fußchirurg gemeinsam schreiben? „Der Fuß im Kreuzverhör. Wege zu seiner Genesung“ von Willy Jurtin und Dr. Alexander Sikorski liefert die Antwort: Hintergrundwissen zur Biomechanik des Fußes, zu den wichtigen Muskelgruppen und zu bekannten wie bisher unbekannten Ursachen verschiedenster Fuß-Beschwerden. Dazu gibt es Tipps zu Diagnostik und Therapien, bewährten wie neuen. Podologinnen und Podologen können zudem Anregungen zur Beratung ihrer Patientinnen und Patienten sammeln. Ein Fachbuch also, das zum Klassiker werden könnte.

Anatomie-Kurs zum Einstieg oder Auffrischen

Gleich zum Einstieg liefert Sikorski einen Überblick über die aus seiner Sicht wichtigsten „Gesetze für alle Fußtherapeuten“: Dass Vor- und Rückfuß eine funktionelle Einheit sind, zum Beispiel. Auch die subtalare Fußplatte ist als funktionelle Einheit zu betrachten. Dass der 1. Strahl (einschließlich der Großzehenbeere) die Hauptlast trägt, dass im Mittelfußköpfchen-Bereich kein Quergewölbe existiert – das sind einige der Grundlagen, auf denen Diagnostik und Therapie aufbauen sollten.

Einen Überblick über die Fußmuskulatur präsentiert anschließend Willy Jurtin. Der ansprechend illustrierte Überblick über die Muskelgruppen (inklusive Beschreibung der Innervation und der Funktion) ist ein großes Plus des Werks.

Warum tut der Fuß plötzlich weh?

Ab Kapitel 5 widmet sich Dr. Alexander Sikorski dann häufigen Beschwerden, Fehlstellungen und Erkrankungen des Fußes. Mit aufgefrischtem anatomischem Wissen und Biomechanik-Verständnis lesen sich die Ausführungen zu Hallux valgus, Metatarsalgie, Plantarfasciitis und Co. besonders leicht. Sikorski gibt einen Überblick über die aktuell üblichen Therapien, konservative wie operative, und weist auch auf die vielen Fälle hin, wo mit Trainings und/oder anderem Schuhwerk allein eine Beschwerdefreiheit erreicht werden kann.

Als vielen Podologinnen und Podologen noch weniger bekannten Therapieansatz stellt er die Jurtin-medical-Systemeinlage vor – sie wird per Hand am unbelasteten (das heißt: frei hängenden) Fuß angepasst, durch Wärme verformbar gemacht, mit Vakuumtechnik direkt am Fuß anmodelliert und anschließend in den Schuh eingepasst.  Andere Lösungen, wie zum Beispiel die Pelotte, sind damit unnötig. Auch in der Prävention bewähren sich die Jurtin-medical-Einlagen.

Unbelastete Füße, behutsame Anpassung: So richtet die Jurtin-Einlage das Fersenbein auf und gibt Halt.

Die Geschichte der Jurtin-Einlage

Was hinter den Jurtin-medical-Systemeinlagen steckt, die immer mehr Orthopädieschuhmacherinnen und – schuhmacher individuell an Patientenfüße anpassen, verrät der Erfinder Willy Jurtin selbst. Der Österreicher Jurtin – erst Filialleiter einer Schuhhauskette, aus dieser Erfahrung heraus Orthopädietechniker und Bandagist geworden, dann zum Meister avanciert – hat sich tief in das Konzept der Spiraldynamik® nach Dr. Christian Larsen eingearbeitet. Dass für funktionierende Füße, einen gesunden Gang die Ferse aufgerichtet werden muss, dass so eine natürliche Gegendrehung den Vorfuß stabilisiert und dass alle fünf Metatarsalköpfe beim Gehen den Boden berühren sollten, überzeugte Jurtin.

In mühsamer Feinarbeit entwickelt er seine hochwertigen, angenehm zu tragenden Einlagen, die die Aufrichtung des Fersenbeins ermöglichen und verhindern, dass Muskeln erschlaffen. Fehlstellungen und Fehlhaltungen sind so korrigierbar. Beschwerden können gelindert oder verhindert werden.

Aktuell gibt es sieben verschiedene Modelle von Jurtin-medical-Systemeinlagen, die nur bei qualifizierten Partnern erhältlich sind. Alle können weitere Therapien kranker Füße, sei es in der Orthopädie, Physiotherapie und/oder Podologie, ergänzen und teilweise sogar ersetzen.

Fazit: Lektüre für Fortgeschrittene mit vielen praxisrelevanten Tipps

Tipps zur Diagnostik und Beratung von Patientinnen und Patienten (auch in der Podologie-Praxis) sowie Wissenswertes über gesundes Schuhwerk runden „Der Fuß im Kreuzverhör“ ab.

Die Autoren nennen ihr Werk zwar auch ein Buch für Patienten – diese Patienten sollten allerdings anatomisch vorgebildet sein. Vokabular und Tonalität sind an vielen Stellen doch sehr fachsprachlich. Für Podologinnen und Podologen ist das Buch darum sehr gut geeignet, als Nachschlagewerk sowie auch, um Fachinfos aus Fußchirurgie und Orthopädieschuhtechnik zu sammeln.

Ein großer Pluspunkt des Werks ist seine Übersichtlichkeit. Viele ansprechende Fotos und Illustrationen dienen der Verständlichkeit und machen das Buch auch optisch ansprechend.

Wer schon immer mehr über Jurtin-medical-Systemeinlagen wissen wollte, wird hier definitiv fündig. Wer an ihnen kein Interesse hat, empfindet einige Strecken des Buchs (vor allem Kapitel 10 mit Referenzen und Kundenmeinungen) womöglich als zu werblich. Insgesamt ist „Der Fuß im Kreuzverhör. Wege zu seiner Genesung“ jedoch für alle Podologinnen und Podologen empfehlenswert, die den Blick über den Tellerrand schätzen und ihre diagnostischen und beraterischen Fähigkeiten weiterentwickeln möchten.

Willy Jurtin, Dr. Alexander Sikorski: Der Fuß im Kreuzverhör. Wege zu seiner Genesung. Ried im Innkreis 2019; ISBN  978-3200065673, EUR 20,50   

Lernen bei und mit Fußchirurgen

Lernen bei und mit Fußchirurgen

Eindrücke vom Internationalen Symposium für Fußchirurgie

Wo „Internationales Symposium für Fußchirurgie“ draufsteht, steckt auch ganz viel Fachwissen für Berufsgruppen der konservativen Therapien drin. Das erfuhr das Publikum beim Kongress der Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie (GFFC). Natürlich drehte sich während zwei Kongresstagen und einem Pre-Day viel um bewährte und neue OP-Techniken. Aber insgesamt spielte alles eine Rolle, was Fußbeschwerden lindert und heilt: Training, Schuhberatung, Einlagenversorgung und vieles mehr.

Gute Aussichten: Viele interessierte Besucher, ein Ziel – schmerzfreie Füße

Ob angeborene Fußfehlbildungen oder diabetisches Fußsyndrom, ob Prävention oder Nachsorge: Fachvorträge brachten das Publikum jeweils auf den neuesten Stand. Die Besucher konnten ihr Biomechanik-Wissen erweitern oder auffrischen. Und sie hatten Gelegenheit, sich in der Industrieausstellung Orthesen, Einlagen, Technik für Ganganalysen, Spezialschuhe und vieles mehr anzusehen und auszuprobieren.

Die Gäste konnten Jurtin-Einlagen ausprobieren …
… auf dem Orthoscoot fahren (wie hier die Kongresspräsidentin Dr. Charlotte Hase) oder …
Schmerztherapien kennenlernen.

In vielen Vorträgen ging es übrigens darum, nicht nur genau hinzuschauen, sondern zudem die Füße bei der Diagnostik in die Hand zu nehmen und aufmerksam zu untersuchen. Auch die Ziele der Patienten – hauptsächlich weniger Schmerzen, die bestmögliche Teilhabe oder sogar Erfolge im Sport? – sollten abgeklärt werden.

Am Stand von podo Deutschland (ZFD) konnten sich Podologinnen und Podologen fachspezifische Infos abholen oder die neuesten Termine einsehen.

Netzwerken bei podo Deuschland (ZFD) – hier trafen sich (von links) Dr. med. Hartmut Stinus, Präsident der GFFC, Jürgen Trenkler, Schriftführer des bayerischen Landesverbands von podo Deutschland, Patricia Bogenrieder, Vorsitzende des bayerischen Landesverbands von podo Deutschland, Kongresspräsident Prof. Dr. Frank Timo Beil und Kongresspräsidentin Dr. Charlotte Hase. Fotos: Carolin Hirschfeld (4), Plaum (1), Jurtin (1)

Podologinnen und Podologen waren ausdrücklich zum Symposium eingeladen und sind auch bei anderen Fortbildungen des GFFC willkommen. Mehr Infos zum Internationalen Symposium finden Sie übrigens in der kommenden Ausgabe der podologie, mehr Termine der Fußchirurgen unter https://www.gesellschaft-fuer-fusschirurgie.de/