„Zipperlein“ nannte man einen akuten Gichtanfall früher, ein Zipperlein im heutigen Sinn ist Gicht aber keineswegs: Die Erkrankung, die meist im Großzehengrundgelenk beginnt und dann auch als Podagra bezeichnet wird,, geht mit massiv entzündeten, später auch deformierten Gelenke und extremen Schmerzen einher. Auslöser sind oft Lebensstil-Sünden wie zu üppiges Essen, Gicht gilt daher als Wohlstandskrankheit.
Ein akuter Gichtanfall beginnt aus heiterem Himmel, bevorzugt nachts oder am frühen Morgen. Nicht selten kommt die „Erstattacke“ nach einer feuchtfröhlichen Party, bei der reichlich Alkohol und Essen im Spiel waren. Der Denkzettel für das Vergnügen hat es in sich: Das Großzehgelenk, an dem sich der erste Gichtanfall meist manifestiert, ist plötzlich extrem druckempfindlich und schmerzt schon bei der geringsten Berührung, selbst eine leichte Bettdecke oder das Anziehen eines Sockens kann höllische Schmerzen auslösen. Das Gelenk schwillt an, rötet sich stark oder verfärbt sich bläulich und wird heiß. Das Auftreten ist nur noch mit der Ferse möglich und an normales Schuhwerk ist während eines Gichtanfalls nicht zu denken. Hinzu kommen häufig auch allgemeine Entzündungssymptome wie Fieber, Leukozytose, Kopfschmerzen oder Tachykardie.
Die Manifestation am Endgelenk des Großzehs, auch als Fußgicht oder Podagra bezeichnet, ist im Anfangsstadium einer Gicht die mit Abstand häufigste Lokalisation der Erkrankung. Seltener betrifft das dem rheumatischen Formenkreis zugeordnete Krankheitsbild auch das Mittelfußgelenk, die Fingergelenke sowie das Hand,- Sprung- oder Kniegelenk. Prinzipiell kann Gicht aber jedes Gelenk befallen, besonders bei chronischem Verlauf. Neben übermäßigem Alkoholkonsum und falscher Ernährung können auch körperlicher und seelischer Stress, längeres Fasten, eine Chemotherapie und andere Faktoren einen Gichtanfall auslösen, Die eigentliche Ursache ist jedoch immer eine erblich bedingte Störung des Purin- beziehungsweise Harnsäurestoffwechsels.
Gicht – Folge eines gestörten Purinstoffwechsels
Purine sind Bausteine von Nukleinsäuren. Sie kommen in menschlichen, tierischen und pflanzlichen Zellen vor und sind ein wichtiger Bestandteil der Erbsubstanz (DNS). Wir nehmen Purine mit der Nahrung auf, doch sie entstehen auch im Körper selbst als Abfallprodukte des Zellstoffwechsels. Da wir Purine nicht direkt ausscheiden können, müssen sie zu Harnsäure umgewandelt und dann über die Nieren abgebaut werden. Auf diese Weise produziert der Körper pro Tag rund 350 Milligramm Harnsäure, noch mal dieselbe Menge nehmen wir mit den in Lebensmitteln enthaltenen und im Körper zu Harnsäure umgewandelten Purinen auf.
Normalerweise scheidet der Körper Harnsäure über den Urin wieder aus. Gelingt dies aufgrund eines gestörten Purinstoffwechsels aber nur unzureichend und scheiden die Nieren dauerhaft weniger Harnsäure aus, als im Körper entsteht, steigt die Harnsäurekonzentration im Blut an. Ab einem Wert von 6,5 Milligramm pro Deziliter liegt eine Hyperurikämie vor. Aus Urat, also Harnsäuresalzen können sich nun feste Kristalle bilden und in Form von Gichtknoten, so genannten Tophi, in Gelenken, Knorpeln, Sehnenscheiden und Schleimbeuteln, aber auch unter der Haut, im Ohrknorpel sowie in den Nieren ablagern.
Die Folgen einer Hyperurikämie, also eines dauerhaft erhöhten Harnsäurespiegels, sind teils alarmierend: Neben akuten Gichtanfällen kann es zu einer Entzündung der Nieren, zu Nierensteinen sowie bei chronischer Gicht zu irreversiblen Gelenkdeformationen kommen. Leider vollzieht sich der Anstieg des Harnsäurespiegels über längere Zeit völlig asymptomatisch und die Betroffenen – 90 Prozent von ihnen sind Männer, da Frauen vor der Menopause durch Östrogene geschützt sind – bemerken nichts. Doch je höher der Harnsäurewert klettert, desto wahrscheinlicher wird eine Gichtattacke.
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